Konkrete Lösungen in der Industrie müssen so gestaltet sein, dass Unternehmen die Stromspareffekte ohne Einbussen bei Produkt und Leistung erreichen. «Die Industrie kalkuliert genau. Alles, was sich in weniger als drei Jahren abschreiben lässt, wird meist umgesetzt», sagt Surányi. Für Abschreibungen in so relativ kurzer Zeit kommen nur wenige Einzeltechnologien infrage, beispielsweise der Einsatz von energieeffizienten Motoren und die Steuerung über Frequenzumrichter.
Ein weiteres Potenzial für die Steigerung der Energieeffizienz liegt im industriellen Umfeld in stärkerer Flexibilisierung. «Industrie 4.0 oder die Einführung des Internets der Dinge wird der Produktion noch mehr Flexibilität verschaffen», analysiert Surányi. «Eine Vision, ein Fernziel, könnte eine ‹smarte› Vernetzung sein, bei der die Last der Erzeugung ‹smooth› hinterherfährt – also umgekehrt zum noch vorherrschenden Modell, nach dem die Erzeugung dem Profil der prognostizierten Last und damit dem Verbrauch folgt.» Umsetzbar wird dies, wenn möglichst viele flexible Bausteine zu einem hochflexiblen Gesamtsystem zusammengesetzt werden. Neben individualisierten Produkten – auch für Verbraucher – wird den individualisierten Prozessen der Industrie 4.0 dabei eine wesentliche Rolle zukommen. Die flexibilisierte Produktion erreicht dabei nicht nur die legendäre «Losgrösse 1», sondern macht zugleich den Verbrauch effizienter und hebt weitere Potenziale.
Während Industrie 4.0 gelegentlich noch Zukunftsmusik sein mag, müssen Unternehmen mit ihren Entwicklungen und Produkten immer am Puls der Zeit sein, um Effizienzwünsche möglichst früh und vollständig zu erfüllen. «Energieeffizienz ist heute nicht nur in Deutschland und in der Schweiz ein zentrales Thema, sondern auch in vielen anderen Ländern, auch ausserhalb Europas», sagt Gabriele Gabrielli, Präsident der Electrosuisse. «Kunden aus diesen Ländern erwarten implizit, dass Produkte aus Deutschland und aus der Schweiz die höchsten Energiestandards erfüllen. Ich sehe in den Heim- und Exportmärkten kaum Chancen für Produkte, die nicht als besonders energieeffizient gelten.» Auf dem Weg zu energieeffizienteren Produkten unterstützen Verbände wie Electrosuisse ihre Mitglieder und auch andere Organisatoren auf verschiedene Weise. Wichtig sind Informationen zu gesetzlichen Anforderungen und die Deklaration ihrer Einhaltung. Obwohl neue Produkte heute weitaus energieeffizienter als ältere sind, macht Gabriele Gabrielli eine differenzierte Gesamtrechnung auf: «Weil die Lebensdauer heute leider meistens kürzer und die Reparaturfähigkeit eingeschränkt ist, bleibt unter dem Strich ein weniger positiver Gesamtenergiebedarf. In Zukunft muss der grauen Energie und der Lebensdauer mehr Gewicht gegeben werden.» Dabei steht eine lange Lebensdauer heute im Konflikt mit der rasanten Entwicklung in der Elektronik und in den Kommunikationstechnologien. «Diejenigen Unternehmen werden erfolgreich sein, die einen guten Kompromiss zwischen der Robustheit und der Kommunikationsfähigkeit der Geräte finden», sagt Gabriele Gabrielli.