Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war es technisch nicht möglich, grosse Elektrizitätsmengen verlustarm über weite Entfernungen zu transportieren.
Das Problem lag im Wechsel zwischen Wechselstrom (AC) und Gleichstrom (DC). Wechselstrom ist die Stromart, die von Generatoren erzeugt und üblicherweise zur Nutzung von elektrischen Geräten verwendet wird. Gleichstrom wird dagegen für die effiziente Hochspannungsübertragung eingesetzt. Mechanische Schaltgeräte zum Umwandeln von AC in DC stellten sich als untauglich heraus, und die einzige Alternative, Quecksilberdampfventile, konnte nicht auf den geforderten Spannungsebenen arbeiten.
Nach der Weiterentwicklung der Umwandlungstechnologie durch das Vorgängerunternehmen Asea konnte ABB Anfang der 50er Jahre die erste kommerzielle HGÜ- Stromleitung der Welt errichten. Sie verband das schwedische Festland mit der Insel Gotland und verschaffte den Inselbewohnern Zugang zu einer zuverlässigen und preiswerten Stromversorgung. Die lokale Wirtschaft blühte auf.
Seit der Installation dieses 100 Kilometer langen, meist unter Wasser verlaufenden Kabels hat ABB die HGÜ- Technik kontinuierlich weiterentwickelt und zum Beispiel die anfälligen Quecksilberdampfventile in den 70er Jahren durch Thyristor-Halbleiterventile ersetzt. Bis heute hat ABB die Technologieführerschaft im HGÜ-Bereich behauptet und in 70 Projekten Übertragungskapazitäten von rund 60000 Megawatt (MW) installiert. Zudem ist ABB führend bei der Produktion von Hochspannungskabeln.
Die HGÜ-Technologie von ABB hat die Energieübertragung rund um den Globus revolutioniert. Einige der grössten Metropolen der Welt, darunter Los Angeles, São
Paulo, Schanghai und Delhi, wenden HGÜ-Technik an, um grosse Elektrizitätsmengen effizient über Tausende von Kilometern zu übertragen.
Nationale und regionale Stromversorger setzen HGÜ ein, um ihre Netze zu verbinden und Stromhandel zu betreiben. Offshore-Windparks nutzen die Technik zur Einspeisung des Stroms in das Festlandnetz – sicher, zuverlässig und ohne Störung der sensiblen Meeresumwelt.
Bohrinseln auf hoher See wie die Erdgasplattform Troll Avon StatoilHydro in der Nordsee werden via HGÜ mit sauberem und kostengünstigem Wasserkraftstrom vom norwegischen Festland versorgt, anstatt Strom auf der Plattform selbst mit Gasturbinen oder Dieselgeneratoren zu produzieren.
Der Stromhandel zwischen benachbarten Ländern trägt zur Gesamtzuverlässigkeit der einzelnen Systeme bei und erlaubt die zunehmende Nutzung von erneuerbaren Energien. Die Teile des Netzes, in denen Windkraft oder Solarenergie dominieren, können durch andere Sektoren mit eher konstanten Energiequellen wie Wasserkraft und fossil betriebenen Kraftwerken unterstützt werden.
Über die 580 Kilometer lange HGÜ-Leitung NorNed können die Niederländer tagsüber, wenn die Nachfrage importieren und nachts bei geringem Bedarf überschüssige Kapazitäten ihrer fossilen Kraftwerke exportieren. So können Wärmekraftwerke bei optimaler, konstanter Leistung laufen und Verbrauchsspitzen mit importierter Wasserkraft abfangen. In Kombination sparen diese Massnahmen jedes Jahr Kohlendioxidemissionen von schätzungsweise 1,7 Millionen Tonnen ein.
Zu den herausragenden ABB-Projekten mit HGÜ-Technologie zählen die längste und leistungsstärkste HGÜ-Stromleitung der Welt (die Stromleitung von Xiangjiaba  nach Schanghai wird zurzeit in China gebaut wird und über eine Entfernung von 2000 Kilometern 6400 MW Strom transportieren) und die weltweit längste unter- irdische Hochspannungsleitung (das 180 Kilometer lange HGÜ-Light-Murraylink-Projekt in Australien).
Seit der Einführung in den 50er Jahren hat ABB die HGÜ-Technik für spezielle Anwendungen angepasst: Die klassische HGÜ kommt vor allem für die Übertragung grosser Strommengen über weite Entfernungen über Land oder unter Wasser sowie zur Verbindung von Netzen zum Einsatz, wenn konventionelle Drehstromverfahren nicht angewendet werden können. Die neuste Entwicklung in der klassischen HGÜ-Technologie von ABB ist die Ultra-Hochspannungsgleichstromübertragung für Spannungen von bis zu 800 Kilovolt (kV). Die Stromübertragung bei solch hohen Spannungen stellt den grössten Entwicklungssprung bei der Übertragungskapazität und -effizienz seit über 20 Jahren dar. Auf dieser Technik basiert auch die Stromleitung von Xiangjiaba nach Schanghai in China. Diese «Stromautobahn» kann genügend Elektrizität für bis zu 31 Millionen Menschen transportieren.
Die 1997 eingeführte HGÜ-Light-Technologie ermöglicht die Langstreckenübertragung mittels umweltfreundlicher Erd- und Seekabel oder Freileitungen. Die Technologie kommt zum Einsatz, um Netze zu verbinden, Strom über weite Strecken via Kabel zu transportieren und Offshore-
Anlagen wie Windparks und Ölplattformen ans Stromnetz auf dem Festland anzubinden.