Fernwärmenetze umfassen ein Verteilsystem aus gedämmten Rohrleitungen, die Wärme von einer zentralen Quelle aus zu mehreren Wohn- oder Nichtwohngebäuden befördern. Die Wärme kann z. B. aus einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK) stammen, die thermische Energie ins Wärmenetz einspeist. Weitere mögliche Wärmequellen sind Abwärme von Industriestandorten wie großen Rechenzentren oder Energie aus Metallverarbeitungs- oder Chemiewerken. Wärmenetze bieten die Möglichkeit, große und oftmals kosteneffiziente Quellen für erneuerbare Wärme und Abwärme zu verwerten, die sonst ungenutzt bleiben würden.
Fernwärmenetze fallen unterschiedlich groß aus. Sie können Wärme über Entfernungen von wenigen 100 Metern bis hin zu 50 Kilometern transportieren und sogar eine ganze Stadt abdecken. Kleinere Nahwärmesysteme versorgen dagegen beispielsweise ein Wohn- oder Gewerbegebiet.
Ungeachtet der Energiequelle ist Fernwärme effizienter und mit geringeren CO₂-Emissionen verbunden als Einzelheizungen. Sie bietet zahlreiche Chancen für die Nutzung von erneuerbarer Wärme und Wärme aus Industrieprozessen, Abwasser und der Müllverbrennung. Außerdem macht Fernwärme Power-to-X-Technologie möglich. Dabei werden Stromüberschüsse in Wärme umgewandelt, die gespeichert und später genutzt werden kann.
Optimierung der Energienutzung
Der entscheidende Faktor für den Erfolg von Fernwärmesystemen ist die Optimierung der Energienutzung. Hier kommen Frequenzumrichter ins Spiel, die eine präzise Pumpenregelung zur Optimierung des Wärmeträgerdurchflusses und Drucks ermöglichen. Das Ergebnis: Die Energienutzung wird so gesteuert, dass der Gebäudebedarf gedeckt und eine angenehme Umgebung für die Bewohner sichergestellt wird. Frequenzumrichter ermöglichen Energieeinsparungen von durchschnittlich 20 bis 60 Prozent gegenüber Lösungen, bei denen ungeregelte Pumpen gedrosselt werden. Werden zusätzlich die neusten Motoren der Effizienzklasse IE4 oder IE5 in Wärmeanwendungen eingesetzt, sinkt der Stromverbrauch in der Wärmeerzeugung, -übertragung und -verteilung erheblich. Darüber hinaus kann die Digitalisierung in Form von intelligenten Sensoren für Motoren und Energiemonitoren von Frequenzumrichtern dazu beitragen, den Energieverbrauch zu analysieren und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Gleichzeitig steigert sie die betriebliche Systemstabilität.
Praktische Erfahrung in China
Ein praktisches Beispiel für das große Potenzial der Fernwärme liefert ein Projekt von ABB in China. Dort stellte das Unternehmen ein komplettes Fernwärmesystem für Dêqên Tibetan Autonomous Prefecture Heat Development in Shangri-La im Himalaya bereit. Hauptwärmequelle für die 50.000 Bewohner der Stadt waren zuvor Holzöfen, was zu einer starken Luftverschmutzung führte. ABB lieferte die gesamte Ausrüstung vom Dampf-Wasser-Wärmetauscher im Kesselraum bis zur Installation beim Verbraucher, einschließlich der elektrischen und mechanischen Geräte für die Wärmeversorgung der Bürger.
Elektrische Systeme und Automatisierungslösungen von ABB verbinden und überwachen die neuen Heizwerke, um höchste Effizienz zu gewährleisten. Gleichzeitig haben Luftwärmepumpen den Wechsel von einzelnen, ausschließlich wärmeerzeugenden Kesseln und Öfen zu Kesseln auf Basis von Elektrizität ermöglicht. Die Pumpen steigern die Energieeffizienz des Systems und tragen erheblich zur Verbesserung der Lebensqualität bei, indem sie die Emissionen aus der Kohleverbrennung mindern.
Um den sich ändernden Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden, kommunizieren fünf lokale SCADA-Systeme mit der zentralen Steuerung und überwachen das System im Hinblick auf eine möglichst effiziente Wärmeversorgung. Die Umstellung von Holzöfen auf Fernwärme hat erhebliche Umweltvorteile generiert. So entfällt in Shangri-La die Verbrennung von 17.000 Tonnen Kohle jährlich, was einem CO₂-Ausstoß von 105.000 Tonnen pro Jahr entspricht. Außerdem wurden die Staubemissionen um 460 Tonnen reduziert.
Die Zeit ist reif für Fernwärme
Städte auf der ganzen Welt können erheblich profitieren, wenn sie in die Nutzung von Fernwärme investieren. Insbesondere die Anwendung von smarten digitalen Lösungen zur Verbindung mehrerer Wärmequellen und zur Steuerung und Planung anhand von Verfügbarkeitsprognosen wird es möglich machen, schneller mit der Verwertung von verfügbarer Energie zu beginnen.
Außerdem kann die Energie mit größtmöglicher Effizienz genutzt werden. Denn schon heute stehen vollständig kommerzialisierte und industrietaugliche Lösungen parat, die hocheffiziente Pumpen und Motoren, Frequenzumrichter und digitale Steuerung mit Überwachungstechnologie kombinieren. Die Zeit ist daher reif für Fernwärme!