ABB und Busch-Jaeger bauen ihre Portfolios in den Bereichen Gebäudesystemsteuerung und Smart-Home-Technologien weiter aus. Um die Designsprache sowie das intuitive und nahtlose Zusammenspiel der Lösungen für professionelle und private Anwender zu präzisieren, wurde die Rolle des Global Head of Design, Building and Home Automation Solutions geschaffen. Seit Oktober 2023 verantwortet in dieser Funktion Stephan Merkle die Portfolio-übergreifende Definition der Produkterlebnisse mit den Fachbereichen Industrial Design, UX/UI Design und Experience Strategy. Im Interview berichtet der Designer und Innovationsstratege, warum kundenzentriertes Denken so wichtig für seine Arbeit ist und mit welchen Zukunftstrends er im Smart-Home-Sektor rechnet.
Der amerikanische Architekt Louis Henry Sullivan (1856–1924) hat mit der Maxime „Form follows function“ viele Generationen von Designern inspiriert. Was zeichnet gutes Design für Sie aus und wie setzen Sie es mit Ihrem Team um?
Stephan Merkle: Dieser Leitsatz stammt aus einer wenig digitalen Welt mit anderen Beweggründen. Trotzdem hat das Prinzip auch heute noch seine Berechtigung, und zwar dann, wenn man die Funktion als auch die Produktanmutung als Erfüllung von Kundenbedürfnissen definiert. Die Entwicklung unserer Produkte unterliegt dem Kundenanspruch hoher ästhetischer Qualität, gleichzeitig bedingt die Komplexität unserer Systeme im Kern zugänglich und intuitiv zu sein. Kurz gesagt: Ausschließlich schöne Dinge werden nicht erfolgreich sein, wenn sie nicht im gleichen Sinne funktional und einfach zu bedienen und zu installieren sind. Fragen wie „Für wen ist es gedacht?“, „Welchen Anforderungen soll es genügen?“ und „Wie wird es in das Gesamtsystem integriert?“ stehen bei uns daher stets am Anfang der Entwicklung. Lösungsansätze können dann im Einzelfall die Gestaltung von Hardware oder digitale Angebote, als auch Service-Leistungen sein. Diese Vielschichtigkeit macht den Reiz dieses Betätigungsfelds aus, weil man jedes Projekt neu betrachten muss. Je nach Problemstellung wird bestimmt, ob wir mit einer einzelnen Design-Disziplin in die agile und abteilungsübergreifende Lösungsentwicklung gehen oder als multidisziplinäres Designteam breitere Bereiche der Customer Journey betrachten, die neben der Hardware auch digitale Produkt-Experiences ermöglichen.
Inwiefern unterscheiden sich die Erwartungshaltungen bestimmter Nutzergruppen und welche Strategien leiten sie daraus ab?
Stephan Merkle: Bei jedem Produkt, das einen physischen Einbau erfordert, spielt Arbeitseffizienz eine entscheidende Rolle. Ein Elektroinstallateur legt daher den Fokus auf reibungslose Abläufe vom Bezug über die Installation und Inbetriebnahme bis hin zu den Wartungsprozessen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist es wichtig, auch als ganzheitlicher Anbieter wahrgenommen zu werden, bei dem man mit nur einer Kontaktaufnahme sämtliche erforderliche Komponenten für sein Projekt erhält. Überzeugt unser Produkt neben der Installationsgeschwindigkeit auch durch einen nahbaren Vertrieb und schnelle Reaktionszeiten beim Service, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass es den Endkunden weiterempfohlen wird. Für diese wiederum stehen neben Ästhetik und Preisaspekten insbesondere der Funktionsumfang und die Einfachheit der Bedienung sowie die Zukunftssicherheit im Vordergrund. Deswegen verzahnen wir uns im Gestaltungsprozess intradisziplinär, indem die Bereiche Design, Entwicklung, Produkt Management und Vertrieb eng miteinander zusammenarbeiten. Bei Busch-Jaeger wird Design stets als integraler Teil des Wertschöpfungsteams verstanden und gelebt werden, um so zum Business-Faktor zu werden und entscheidend zur Differenzierung am Markt beizutragen.
Wie würden Sie das Design von ABB/Busch-Jaeger beschreiben?
Stephan Merkle: Eine wichtige Funktion von Design ist die Markendifferenzierung, die in der Wahrnehmung der Anwender ein einzigartiges und unverwechselbares Bild hervorruft. Mit Blick auf die unterschiedlichen Zielgruppen positioniert sich ABB als führendes Technologieunternehmen in Elektrifizierung und Automation mit dem Ziel, eine nachhaltigere und ressourceneffizientere Zukunft zu ermöglichen, was sich in der Gestaltung unserer Lösungen niederschlägt. Ergänzend bringen unsere Marken, und dort insbesondere Busch-Jaeger, einen hohen Anspruch an ästhetischen und harmonischen Produktlandschaften ein, ohne dabei die Erfordernisse des E-Handwerks und des Handels zu vernachlässigen. Innerhalb unserer Produktlinien ist zudem die Erkennbarkeit einer Designkonsistenz entscheidend. Als einer der Hauptinteraktionspunkte mit dem Gebäude sind unter anderem unsere Touchpanels, Lichtschalter und Steckdosen die sichtbare Verkörperung der Gebäudetechnik. Auf der ästhetisch-stilistischen Ebene geht es daher vor allem darum, ein harmonisches, dem Gebäude angemessenes Bild zu erzeugen, das die Wahrnehmung sämtlicher Einzellösungen als Teil eines größeren Ganzen ermöglicht. Daraus leitet sich zugleich die Zielsetzung des gesamten Interaktionsprinzips im Haus mit Bedienelementen, wie intelligenter Türkommunikation, Schaltern und Touchpanels ab, die sich geräteübergreifend mit derselben Logik bedienen lassen müssen.
Laut dem iF Design Trend Report 2023 werden die Megatrends „nahtlos leben“ und das „Smartphone als Trendsetter“ die Designwelt entscheidend prägen. Welche Vision verfolgen Sie in den kommenden Jahren?
Stephan Merkle: Das Smartphone hat entscheidend unsere Formen der Interaktion mit Technologien und daran geknüpfte Erwartungshaltungen geprägt. Wir setzen voraus, dass die Berührung von Bedienelementen ohne Zeitverzögerung bestimmte Funktionen auslöst, uns das Gerät mit Statusmeldungen auch unterwegs auf dem Laufenden hält und immer und überall ermöglicht handlungsfähig zu sein. An diesen Standards für Reaktivität und Vernetzung müssen sich auch unsere Systeme messen lassen. Wenn wir uns neue Trends wie Wearables oder KI-basierte Lösungen ansehen, die beispielsweise bestimmte Handlungen in unserem Leben eigenständig und unsere Bedürfnisse unterstützend ausführen können, zeigt sich aber ganz klar, dass die Zeit hier nicht stillsteht. Um für Kunden kontinuierlich Mehrwerte wie hohe Sicherheit und stetig neu definierten Bedienkomfort sowie richtungsweisende Energieeffizienz zu schaffen, gilt es also die Kommunikation mit dem System weiterzuentwickeln und – basierend auf Vernetzung, Sensorik und unterschiedlichsten Datenpunkten – zu neuen, von Nutzern wertgeschätzten Funktionalitäten zu befähigen. Gerade dieser Trend weist auf die Notwendigkeit eines holistisch aufgestellten Produktentwicklungsprozesses hin, in dem sich die unterschiedlichen Disziplinen in der Zusammenarbeit zu immer neuen Maßstäben befähigen.
Lassen Sie uns zum Abschluss noch über den Messeauftritt Ihrer Design-Abteilung auf der Light + Building sprechen. Was erwartet die Besucher dort?
Stephan Merkle: Neben verschiedenen Themenwelten, die den Bogen von der intelligenten Gebäudesystemsteuerung zur Smarter City spannen, wird es auch einen eigenen Design-Raum geben. Der in mattschwarz gehaltene Raum mit Busch-Jaeger-Branding hat die Anmutung einer Galerie und soll Besuchern die tragende Rolle vermitteln, welche das Gestalten von Produkterfahrungen seit jeher für das Unternehmen und die Positionierung der Marke einnimmt. Mit dem Standkonzept wollen wir daher nicht nur über Produktneuheiten und Highlights informieren, sondern auch Einblicke in unsere Herangehensweise geben und das Herzblut vermitteln, das in unsere Arbeit einfließt. So zeigen wir etwa, wie wir unsere Produkte hinsichtlich Materialität, Farbauswahl und Oberflächenbeschaffenheit auf die Trends ausrichten, um die Anforderungen von Architekten und Bauherren zu treffen sowie die Bedürfnisse von Handwerk und Handel zu integrieren. Nachhaltigkeit ist für uns ein zentrales Thema und Teil unserer Unternehmensstrategie. Wir demonstrieren wie wir den Einsatz von recyceltem Material bei unserer Schalterserie Busch-art linear® umgesetzt haben und damit einen wesentlichen Beitrag zur Schonung unserer Ressourcen leisten. Um die Bedeutung übergeordneter Bedienkonzepte und Konnektivität zu veranschaulichen, laden wir dazu ein, die Interaktionsprinzipien unterschiedlicher Touchpoints – vom Bedienpanel bis hin zum Smartphone – anhand der Exponate zu erkunden.
Fotoquelle: ABB
ABB (ABBN: SIX Swiss Ex) ist ein führendes Technologieunternehmen in den Bereichen Elektrifizierung und Automation, das eine nachhaltigere und ressourceneffizientere Zukunft ermöglicht. Die Lösungen des Unternehmens verbinden technische Expertise mit Software, um die Art und Weise, wie etwas hergestellt, bewegt, angetrieben und betrieben wird, zu verbessern. Auf der Grundlage von über 140 Jahren Exzellenz sind die mehr als 105 000 Mitarbeitenden von ABB bestrebt, Innovationen voranzutreiben, um die Transformation der Industrie zu beschleunigen. www.abb.com
Der Geschäftsbereich ABB Elektrifizierung ist ein weltweit führender Technologieanbieter für elektrische Energieverteilung und Energiemanagement. Die Welt sicher, intelligent und nachhaltig zu elektrifizieren, ist dabei unser Anspruch – von der Energieerzeugung bis hin zu ihrem Verbrauch. Unsere mehr als 50.000 Mitarbeitenden in 100 Ländern arbeiten in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Partnern an den weltweit größten Herausforderungen in den Bereichen Energieverteilung und -management. Dafür entwickeln wir innovative Produkte, Lösungen und digitale Technologien für Unternehmen, Industrien und Endnutzer, die eine energieeffizientere und nachhaltigere Arbeits- und Lebensweisen ermöglichen. Durch unsere innovativen Ansätze tragen wir aktiv zur Beschleunigung der globalen Energiewende bei und treiben die nachhaltige Zukunft der Gesellschaft voran. go.abb/electrification