ABB hat kürzlich eine Nachrüstung von Steuerungssystemen an der Wifag OF370 für The Halifax Herald in Halifax, Nova Scotia, Kanada, erfolgreich abgeschlossen. Das Projekt war besonders interessant, denn es ging darum, Systeme zu ersetzen, die ein Wettbewerber vor mehr als 10 Jahren geliefert hatte, und die Tagesproduktion nicht unterbrochen werden durfte – eine echte Herausforderung.
The Halifax Herald ist der grösste eigenständige Zeitungsverlag in Kanada. Das Aushängeschild des Unternehmens ist The Chronicle Herald, die meistverkaufte Zeitung in den Atlantikprovinzen. Der Produktions- und Verteilstandort befindet sich ganz in der Nähe der Stadt Halifax inmitten der Wälder und Seen, die für die Landschaft von Nova Scotia so charakteristisch sind.
Im Druckzentrum gibt es nur die eine Druckmaschine: eine 2004 installierte Wifag OF370 mit zwei 4/1-Drucktürmen, einer 2/2-Druckeinheit und einem 4/4-Turm, einem Doppelfalzapparat und fünf Rollenwechslern. Die Druckmaschine ist das Baby des Produktionsleiters von The Halifax Herald, Mike Murtha. Mike kennt jede einzelne Schraube seiner Druckmaschine. Wie die ABB-Techniker mitbekommen haben ist Mike auch jemand, der weiss, wie er selbst die letzte Produktionsmöglichkeit aus der Konfiguration „herausquetschen“ kann.
Mike Murtha, Produktionsleiter bei The Halifax Herald mit einem der ABB-Leitstände
Wenn sich ein Zeitungsunternehmen für eine Nachrüstung an Druckmaschinen entscheidet, gehören zu den dafür genannten Gründen fast immer die langfristige Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Support, aber Mike Murtha hatte auch noch einige zusätzliche Gründe. „Unser Doppelfalzapparat ist mechanisch dafür ausgelegt, zwei unabhängige Produktionen zu verarbeiten, aber die Software des Originalsteuerungssystems hat das nicht zugelassen und damit unsere Produktionsmöglichkeiten eingeschränkt. Ausserdem bedeutete ein einziges Sektionssteuerungssystem, dass ein einziger Fehler unsere komplette Produktionskapazität zum Stillstand bringen konnte. Diesen Stress braucht kein Produktionsleiter!”
Die erste Projektphase, also gewissermassen das Aufwärmen, bestand darin, die veralteten Wifag WPOS-Systeme an den vier Türmen und am Falzapparat durch das ABB APOS-System zu ersetzen. Das war für ABB ein leichter Einstieg, denn diese Arbeit wurde bereits an zehn anderen Wifag-Druckmaschinen durchgeführt: nicht ganz plug-and-play, aber Routine.
Der Hauptteil des Projekts, die Inbetriebnahme des neuen Steuerungssystems, begann im April 2015. Zum Lieferumfang von ABB gehörten nicht nur die Steuerungssysteme an den vier Türmen und am Falzapparat, sondern auch drei Leitstände, das Druckmaschinen-Managementsystem MPS Production sowie die Produktionsdaten-Analysesysteme MPS Inform und MPS Insight.
Das Ersetzen der Steuerungen erforderte eine präzise technische Vorbereitung und Planung. Natürlich mussten die neuen Systeme parallel zum bestehenden System installiert werden, aber das war der leichtere Teil. Sie mussten auch mit den vorhandenen Systemen zusammenarbeiten. Es mussten Gateways zwischen der Ethernet-basierten ABB-Welt und der Arcnet-basierten Kommunikation des alten Steuerungssystems und des vorhandenen Antriebssystems geschaffen werden. Die Antriebe sollen in einer späteren Projektphase ersetzt werden – vorläufig werden die vorhandenen Indramat-Antriebe beibehalten.
Zusätzlich musste für Redundanz auf der Ebene der Sektionssteuerung gesorgt werden, um das Problem eines kompletten Systemausfalls durch Versagen einer einzigen Komponente im vorhandenen System zu vermeiden. ABB lieferte zwei separate Sektionssteuerungssysteme und jedes von ihnen kann mit jedem der Falzsteuerungssysteme arbeiten. Dies war erforderlich, damit die beiden Falzapparate unabhängig voneinander laufen können.
Während der anfänglichen Testphasen liefen die Produktionen mit Paralleleinsatz des neuen ABB-Systems und des Original-Steuerungssystems. In dem Masse, wie die Installation und die Durchführung der Tests voranschritt und die meisten ABB-Systeme nach und nach einsatzbereit waren, konnte das ABB-Inbetriebnahmeteam die zwei Systempakete unabhängig voneinander betreiben.
Normalerweise wurden die ABB Systeme in einem produktionsfreien Zeitfenster frühmorgens zwischen etwa 3 und 10 Uhr getestet. Dann schalteten die ABB-Techniker schnell auf die alten Systeme für die Tages- und Nachtproduktion um. Als aber die Tests abgeschlossen waren, liefen mehr und mehr Produktionen auf den ABB-Systemen, bis die alten Systeme schliesslich nicht mehr benötigt wurden und endgültig abgeschaltet werden konnten.
Die Kompetenz der ABB-Inbetriebsetzungsingenieure machte einen grossen Eindruck auf Mike Murtha: „Die Jungs sind richtige Experten. Es hat mir sehr imponiert, wie sie arbeiteten und was sie geschafft haben. Unsere Leute haben viel von ihnen gelernt.“
„Natürlich mussten im Verlauf des Projekts Schwierigkeiten überwunden werden“, fährt Murtha fort, „das ist bei solchen Arbeiten immer so. Aber das ABB-Team fand immer die richtige Lösung, und wir freuen uns sehr über das Ergebnis.“
Nun produziert The Halifax Herald zu 100% unter Einsatz der neuen ABB-Systeme, und Mike Murtha kann wirklich seine Vorteile aus diesem Nachrüstungsprojekt erkennen. „Natürlich ist es ein grosser Schritt nach vorn für uns, dass wir die zwei Falzapparate unabhängig voneinander betreiben können und dass wir jetzt Redundanz im System haben. Auch eine ganze Reihe anderer Sachen konnten wir vorher nicht tun. Wir können nun Bahnführungen genau voreinstellen, die unsere selbstgebaute Wendestange zwischen den ersten beiden Türmen nutzen. Das ganze System ist durchgängig viel transparenter, und ich bekomme alle Produktionsdaten, die ich brauche.“
In dem Projekt für The Halifax Herald stehen noch zwei weitere Phasen an. Im Sommer 2016 werden die Antriebe der Druckmaschine ersetzt und 2017 folgt dann die Nachrüstung der Steuerungen und Antriebe an den fünf Rollenwechslern.