Harmonische Oberschwingungen, die das Netz belasten, können Betreibern und Energieversorgern Probleme bereiten. Wie zahlreiche andere Unternehmen aus dem Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sieht sich auch Hamburg Wasser mit der Forderung seines lokalen Energieversorgers nach hoher Netzqualität konfrontiert. Zu den Geräten, die das Stromnetz mit Netzoberschwingungen belasten können, zählen neben vielen anderen elektronischen Systemen auch die häufig eingesetzten Frequenzumrichter. Im Wasserwerk Großhansdorf läuft ein neuer Ultra-Low Harmonic Drive ACQ580-31 von ABB an einer Förderpumpe im Testbetrieb. Eine Vergleichsmessung zeigt, dass der Frequenzumrichter Oberschwingungen auf unter 3 % senken kann.
Anlagenbetreiber, die für ihre Pumpen oder Gebläse drehzahlgeregelte Antriebe mit Motoren einsetzen, profitieren von erheblichen Vorteilen, unter anderem von einer höheren Energieeffizienz, Kontrolle und Zuverlässigkeit. Drehzahlgeregelte Antriebe können im Stromnetz jedoch Oberschwingungen verursachen. Oberschwingungen können die empfindlichen elektronischen Ausrüstungen beschädigen, Sicherungen auslösen und durchbrennen lassen und zum Ausfall von Kondensatoren führen. Sie können auch Kommunikationssysteme beeinträchtigen mit der Folge, dass auf Messgeräten falsche Ergebnisse angezeigt werden. Im schlimmsten Fall verursachen Oberschwingungen kostspielige Prozessunterbrechungen.
Um zu besserer Netzqualität beizutragen, setzt Hamburg Wasser in seinem Wasserwerk Großhansdorf Frequenzumrichter mit reduziertem THDi ein. Dominik Seebold, Projektleiter Elektrotechnik im Ingenieurbüro von Hamburg Wasser, beschreibt die Problematik: „Wir müssen die Vorbelastung des elektrischen Energienetzes beachten, und dementsprechend dürfen Aggregate mit entsprechenden Netzrückwirkungen eingesetzt werden. Wenn wir Aggregate mit erhöhten Oberschwingungen am Netz betreiben, müssen zusätzliche Filter installiert werden, um diese Werte auszugleichen.“ Er fährt fort: „Das Verbundnetz wird immer mehr belastet. Unser Energieversorger lässt deshalb nur noch Frequenzumrichter zu, die netzrückwirkungsreduziert beziehungsweise -frei sind.“
„Unser Energieversorger lässt nur noch Frequenzumrichter zu, die netzrückwirkungsreduziert beziehungsweise -frei sind.“
Dominik Seebold, Projektleiter Elektrotechnik
Oberwellen in den Griff bekommen
Um das Problem der Oberwellen im Wasserwerk Großhansdorf noch besser in den Griff zu bekommen, wurde Ende April 2019 im Rahmen eines Pilotprojektes ein neuer Ultra-Low Harmonic Drive ACQ580-31 von ABB installiert. Der neue Ultra-Low Harmonic Drive speziell für Pumpenapplikationen im Wasser-/Abwasserbereich reduziert Oberschwingungen ohne zusätzliche Komponenten wie externe Filter oder spezielle Ausrüstungen. Die Geräte beinhalten eine Komponente zur Verringerung von Oberschwingungen einschließlich einer aktiven Einspeiseeinheit und eines integrierten Oberschwingungsfilters.
Der ACQ580 ist ein Frequenzumrichter speziell für die Wasser- und Abwasserwirtschaft, der über branchenspezifische Funktionalitäten verfügt. Dazu zählen geberlose Durchflussberechnung, Mehrpumpenregelung, Füllstandsregelung, sanfte Rohrfüllung und Trockenlaufschutz sowie schnelle Rampen und eine Funktion zur Pumpenradreinigung. Die drehzahlgeregelten Antriebe der Reihe ACQ580 in der Ultra-Low Harmonic-Variante sind als Modelle für die Wandmontage oder als Antriebsmodule erhältlich. Ihr Leistungs- und Spannungsbereich erstreckt sich von 4 bis 355 Kilowatt (kW) und von 380 bis 480 Volt (V).
Der ACQ580-31 regelt eine Förderpumpe, die Wasser mit einer Leistung von 450 Kubikmeter pro Stunde aus einem Behälter des alten Wasserwerks in einen anderen Behälter des neuen Wasserwerks fördert. Acht Meter Förderhöhe müssen hierbei überwunden werden. Am gleichen Behälter wird eine weitere Förderpumpe mit derselben Aufgabe betrieben, die ein bestehender ABB-Standardfrequenzumrichter ACS550-01 regelt. Die beiden Pumpen wechseln sich als Dauerläufer im wöchentlichen Turnus ab, das heißt, jede Pumpe fördert eine Woche lang Wasser und setzt anschließend eine Woche aus. Der ACQ580-31 ist für einen Motor mit 22 kW Leistung und 46 A ausgelegt; der ACS550-01 hat vergleichbare Leistungswerte.
Vergleichsmessung bestätigt ausgezeichnete Wirkung
Oberschwingungen werden üblicherweise in Form des THD (Total Harmonic Distortion) als Prozentwert angegeben. Der THD beschreibt, wie stark die Wellenform gegenüber der rein sinusförmigen Welle verzerrt ist. So hat eine stark verzerrte Wellenform einen höheren THD. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Frequenzumrichter mit 45 % THDi reduziert der ACQ580 die harmonischen Oberschwingungen auf unter 3 %.
Ergebnisse einer THDi-Vergleichsmessung im April 2019 zwischen dem ACQ580-31 mit aktiver Eingangsbrücke und dem ACS550-01 mit 6-Puls-Eingangsbrücke bestätigen die exzellente Wirkung des Ultra-Low Harmonic Drive. Beim Betrieb nahe dem Nennbetriebspunkt weist der ACQ580-31 einen sehr guten THDi von 2,73 % auf. Auch im Teillastbereich ist der Ultra-Low Harmonic Drive dem Standardfrequenzumrichter deutlich überlegen. Hier beträgt der Wert des ACQ580-31 nur knapp 16 % des THDi des ACS550-01.
Dominik Seebold erklärt: „Uns interessiert auch das Betriebsverhalten des neuen ABB-Frequenzumrichters. Für uns ist es das A und O, dass der Frequenzumrichter zuverlässig ist. Der ACQ580-31 läuft seit seiner Inbetriebnahme reibungslos. Erweist er sich als passende Lösung, kann Hamburg Wasser in Zukunft das vorhandene Energienetz weiter stabilisieren und somit Störungen durch Oberwellen in der Messtechnik und der SPS-Technik vermeiden. Dazu muss der Ultra-Low Harmonic Drive vorher noch an großen Pumpen genauer betrachtet werden.“
„Der ACQ580-31 läuft seit seiner Inbetriebnahme reibungslos.“
Dominik Seebold, Projektleiter Elektrotechnik
Hamburg Wasser setzt viele ABB-Frequenzumrichter in seinen Anlagen ein. Praktisch aus Sicht von Seebold ist ihre einheitliche Bedienphilosophie. Wer sich mit der Bedienung eines Frequenzumrichters auskennt, kommt auch mit den anderen Geräten zurecht.
Hamburg Wasser
Mit den beiden Unternehmensteilen – den Hamburger Wasserwerken sowie der Hamburger Stadtentwässerung – steht der Gleichordnungskonzern Hamburg Wasser in einer langen Tradition innovativer Lösungen zum Wohle der Hansestadt. Die beiden ältesten öffentlichen Wasserversorgungs- sowie Abwasserentsorgungsunternehmen auf dem europäischen Kontinent greifen gemeinsam auf mehr als 160 Jahre Erfahrung zurück. Zusammen mit seinen Tochterunternehmen deckt Hamburg Wasser das gesamte Spektrum möglicher Wasserver- und Abwasserentsorgungs-Dienstleistungen ab – einschließlich der Übernahme langfristiger Betriebsaufgaben sowie öffentlich-rechtlicher Kooperationen. Zusätzlich umfasst das Angebot auch Energiedienstleistungen rund um Strom, Gas und Wärme.