Stellen Sie ganz einfach fest, ob Ihr Alarmverwaltungssystem gut funktioniert

Die Alarmrationalisierung Ihres digitalen Automatisierungs- und Steuersystems bringt nicht nur erhebliche Verbesserungen der Anlagensicherheit mit sich. Durch die Verringerung unnötigen Auslösens von Schutzeinrichtungen kann sie auch großen Einfluss auf das Endergebnis haben.

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Das Paradox der Automatisierung

In der Prozessautomatisierungsindustrie sind bis zu 90 Prozent der Unfälle auf menschliche Fehler zurückzuführen. Überforderte Bediener reagieren nicht schnell oder richtig. Das Paradox der Automatisierung besagt Folgendes: Je zuverlässiger und umfangreicher die Automatisierung, desto größer die Anforderungen an den Bediener, wenn die Automatisierung versagt. 

Die Fähigkeit der heutigen Automatisierungssysteme, Alarme zu erzeugen und an den Bediener weiterzugeben, kann den Bediener überfordern. Er muss zu viel Aufmerksamkeit aufwenden und es werden zu schnell mehrere Alarme gegeben, sodass es ihm fast unmöglich ist, entsprechend zu reagieren. Dies muss bei der Entwicklung und Verwendung von Alarmsystemen berücksichtigt werden.
Je zuverlässiger und umfangreicher die Automatisierung, desto größer die Anforderungen an den Bediener, wenn sie versagt

Wie viele Alarme sind zu viel?

Es folgt eine einfache Möglichkeit, wie Sie feststellen können, ob Ihr Alarmverwaltungssystem gut funktioniert: 

Zählen Sie alle Alarme, die im Laufe eines Monats vom System gegeben werden, und teilen Sie die Summe durch die Zahl des Arbeitsstunden desselben Monats.

Wenn das Ergebnis sechs Alarme pro Bedienerarbeitsstunde übersteigt, läuft Ihr System mit unnötig hohem Risiko und wenig Effizienz.

„Diese Faustregel (sechs Alarme pro Bedienerarbeitsstunde) ist nur eine Richtlinie“, warnt Ken Praprost, Techniker für Alarmoptimierung bei ABB. Es handelt sich um eine weitgehende Vereinfachung der im Jahr 2009 veröffentlichten Norm ISA-18.2 in Bezug auf die Alarmverwaltung in Prozessindustrien.

„Während einer „Alarmflut“ kann fünf- bis zehnmal schneller Alarm gegeben werden“, so Praprost. Sechs Alarme pro Stunde und Bediener ist eine Metrik, bei der Sie wissen, dass nochmals am Alarmverwaltungssystem gearbeitet werden sollte.

Als Faustregel gilt: Bei sechs Alarmen pro Stunde und Bediener sollte am Alarmverwaltungssystem gearbeitet werden.

Sollte jeder Vorfall einen Alarm auslösen?

Nach der Erfahrung von Praprost werden in den meisten Unternehmen zu viele Alarme ausgelöst. Diese Alarme fallen in drei Kategorien:

  • Fehlalarme: Es handelt sich hierbei um Alarme, die so regelmäßig ausgelöst werden, dass sie schließlich ignoriert werden, wie beispielsweise ein Alarm, der immer dann gegeben wird, wenn eine Prozesstemperatur über eine bestimmte Schwelle steigt, was auch dann geschieht, wenn der Prozess automatisch abläuft, bevor der Bediener eingreift. Praprost hat oft Situationen erlebt, in denen so viele Daueralarme aktiv waren, dass sie nur auf mehreren Bildschirmen angezeigt werden konnten. „Viele dieser Alarme wurden für Ausrüstung gegeben, die nicht einmal in Gebrauch war. Der Informationsfluss ist null, wodurch ein Alarm ausgelöst wird, auf den die Bediener reagieren müssen.“
  • Daueralarme: Alarme, die eine bestimmte Zeit lang aktiv bleiben.
  • Nicht-Alarme: Bei vielen Alarmen handelt es sich lediglich um Ereignisse oder Daten, die ein Mitarbeiter des Unternehmens aufzeichnen wollte.

In allen drei Fällen müssen Bediener mit viel Aufwand feststellen, welche der Alarme wichtig sind, insbesondere bei Alarmen, die nicht priorisiert sind – dieser Zustand ist häufig anzutreffen. 

„Die Behebung dieses Problems kann die Sicherheit und möglicherweise die Leistung der Anlage verbessern“, so Praprost. „Wenn wir das Alarmsystem dahin bringen, dass es keine unnötigen Informationen ausgibt, von denen Bediener nichts wissen müssen, können sie sich besser auf ihre Aufgaben konzentrieren. Unproduktive Ereignisse können vermieden werden, wenn Bediener nicht den richtigen Alarm aus einer langen Liste von Alarmen auswählen müssen, die alle gleich aussehen.“


Bediener müssen mit viel Aufwand feststellen, welche Alarme wichtig sind, insbesondere bei Alarmen, die nicht priorisiert sind

Alarmverwaltungsstrategie des Systems 800xA von ABB

Je nach den Erfordernissen Ihrer spezifischen Anlage und Ihres Geschäfts stehen verschiedene Alarmverwaltungsfunktionen zur Verfügung, die in das Extended Automation System 800xA von ABB integriert sind. Diese Funktionen ermöglichen Ihnen Folgendes:

  • Verbesserung der Fähigkeit des Bedieners, Alarme in größeren Abschnitten der Anlage zu verwalten
  • Senkung von Kosten
  • Verringerung des Platzbedarfs des Bedienraums
  • Konsolidierung mehrerer Geräte
  • Lenkung der Aufmerksamkeit des Bedieners auf Anlagenzustände, die einer Einschätzung bedürfen und Bereitstellung von Informationen für entsprechendes Vorgehen
  • Rationalisierung von Alarmen mithilfe von Alarmrückstellung, Alarmgruppierung und Alarmstatistiken

Alarmrationalisierungsprozess

Es folgen die Hauptschritte zur Verbesserung eines Alarmverwaltungssystems:

  • Bewertung der Dokumentation und Gespräch mit Bedienern, Technikern und Vorgesetzten: Untersuchung, ob das System wie gewünscht funktioniert und ob das Personal weiß, warum jeder Alarm ausgelöst wird, wie reagiert werden muss und wie einfach die Interaktion mit der Systemschnittstelle ist
  • Bewertung der Leistung: Durchsicht der Alarmdaten eines bestimmten Zeitraums (normalerweise ein paar Wochen bis zu einem Monat), um den Schweregrad und die Häufigkeit von einzelnen Alarmen und die Zeiten der Reaktion auf die Alarme zu bestimmen
  • Leistungsvergleich: Vergleich der Ergebnisse mit branchenüblichen Richtlinien
  • Empfehlungen zur Verbesserung
  • Planung und Umsetzung eines Verbesserungsprogramms
  • Einrichtung eines angemessenen Überwachungs- und Überprüfungsprozesses

„Wir haben festgestellt, dass für alle möglichen Dinge ein Alarm eingerichtet wird. Bei näherer Betrachtung können viele dieser Alarme als Ereignisse klassifiziert werden, die nicht in eine Alarmliste gehören. Dann legen wir erneut Prioritäten fest, um Vorfälle mit wirklich hoher Priorität zu bestimmen“, erklärte Praprost.

Es gibt auch Strategien für die Behandlung von Fehlalarmen. Diese Strategien bewirken, dass solche Alarme bedeutend weniger ausgelöst werden, während sichergestellt wird, dass sie angezeigt werden, wenn ein Eingreifen erforderlich ist.

Die Bewertung solcher Probleme ist ein Prozess, der unabhängig von der Art des verwendeten Systems ist. Während der Prozess einige Kosten erfordert, kann er mit minimaler Unterbrechung durchgeführt werden und bedeutende Verbesserungen in der Prozessverwaltung herbeiführen.

Fallbeispiele

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