Im Werk Uelzen der Nordzucker AG regeln ABB Industrial Drives ACS880-17 periodische Zuckerzentrifugen, bei der die Frequenzumrichter sehr stark beansprucht werden. Die Bremsenergie der Motoren speisen die rückspeisefähigen Geräte ins Netz zurück. Den hohen Sicherheitsanforderungen beim Betrieb von Zuckerzentrifugen werden die ACS880-17 durch das Sicherheitsfunktionsmodul FSO-12 gerecht.
Laut einer Emnid-Umfrage legen zwei von drei Deutschen Wert auf einen natürlichen Ursprung eines Süßungsmittels. Beim Zucker liegt man damit genau richtig, denn er ist ein reines Naturprodukt. In Deutschland wird er aus der Zuckerrübe gewonnen. Als eine von wenigen Pflanzen kann diese nämlich ihre Energie in Form von Zucker direkt speichern. Etwa 7 kg Rüben braucht es, um 1 kg Zucker zu gewinnen.
Die zuckerhaltige Wurzel wird im Herbst geerntet. In Zuckerfabriken wird der Zucker anschließend aus der Rübe herausgelöst, von den Nichtzuckerstoffen getrennt und auskristallisiert. Einer der führenden Zuckerhersteller in Europa ist die Nordzucker AG mit Sitz in Braunschweig (Niedersachsen).
Ihr größtes Werk betreibt die Nordzucker in Uelzen. 1883 gegründet, ist die dortige Zuckerfabrik heute eines der modernsten Werke seiner Art in Europa. Rund 50 % des hier gewonnenen Zuckers wird für den Einzelhandel produziert. Uelzen ist damit der zentrale Standort für die Produktion von Haushaltsverpackungen sowie von Sondersorten. In dem Werk wird während der Kampagne Weißzucker der EG-Kategorien 1 und 2 sowie brauner und weißer Teezucker aus Zuckerrüben gewonnen. Als Nebenprodukte werden Melasse, Pellets, Pressschnitzel und Carbokalk (Kalkdünger) hergestellt.
In dem vielstufigen Prozess der Zuckerherstellung nehmen die Zuckerzentrifugen eine zentrale Rolle ein, denn in ihnen wird der kristalline Zucker von dem anhaftenden Sirup getrennt. Fast drei Dutzend Zentrifugen, sowohl periodisch als auch kontinuierlich arbeitende, stehen im Zuckerhaus des Werks Uelzen. In einer der vier Zentrifugenstationen, der Station für den Weißzucker 2, stehen periodische Zentrifugen vom Typ BMA B1750, die mit rückspeisefähigen ABB Industrial Drives geregelt werden, davon drei mit Geräten der neuesten Generation ACS880-17. Auch die Zentrifugenmotoren, 8-polige IE2-Prozessmotoren der Reihe M3BP, stammen von ABB.
Geliefert hat die Zentrifugen inklusive der Antriebslösung die BMA Braunschweigische Maschinenbauanstalt AG, ein Spezialist für Anlagen für die industrielle Zuckerherstellung und Raffination und einer der führenden Lieferanten der globalen Zucker- und Sweetenerindustrie. Im Bereich der Zuckerzentrifugen ist BMA weltweit führend. ABB legt vor jeder Auslieferung von BMA die Motoren und rückspeisefähigen Frequenzumrichter auf das jeweilige Modell aus.
Frequenzumrichter und Elektromotoren werden bei einer Zentrifugenanwendung extrem gestresst. Der Motor benötigt für die Dauer von rund 15 bis 20 Sekunden das volle Drehmoment, um die Charge auf die maximale Schleuderdrehzahl von rund 1.000 U/min zu beschleunigen, bei der in der Zentrifuge der Sirup von den Zuckerkristallen abgetrennt und diese gereinigt werden. Anschließend bremst der Motor die Zentrifuge so schnell wie möglich ab, um das Entleeren und Wiederbeschicken zu ermöglichen. Befüllen, beschleunigen, schleudern, abbremsen, ausräumen, reinigen: 22 Chargen pro Stunde werden auf diese Weise in der Weißzucker-2-Station realisiert.
Der Frequenzumrichter muss das schnelle Hoch- und Runterfahren schaffen, ohne zu überhitzen. Auch für den Motor ist dies keine typische Beanspruchung. Beide müssen alles ohne jegliche Probleme mitmachen.
Eine weitere Herausforderung während der Kampagne, die 120 bis 130 Tage dauert, sind die hohen Umgebungstemperaturen von 30 bis 40 Grad Celsius im Werk. Frequenzumrichter und Motoren werden in dieser Zeit definitiv stärker beansprucht als in einem üblichen Standardeinsatz.
Die Frequenzumrichter-Schrankgeräte ACS880-17 sind auf die 250-kW-Motoren der Zentrifugen abgestimmt. Durch die Rückspeisefähigkeit wird die Bremsenergie der Motoren in den Antrieb zurückgeführt und in das Netz eingespeist. Dadurch geht die Bremsenergie nicht als Abwärme verloren. Verglichen mit anderen Bremsverfahren, wie der mechanischen Bremsung und der Widerstandsbremsung, spart der ACS880-17 deutlich mehr Energie ein.
Die Rückspeisefähigkeit der Frequenzumrichter ist notwendig, um elektrisch runterbremsen zu können. Ansonsten würde man große Bremswiderstände wie früher benötigen, die die gesamte Energie in Wärme verbrennen. Das würde zusätzliche Kühlanlagen für das Herunterkühlen erfordern.
Der ACS880-17 erfüllt darüber hinaus die hohen Anforderungen an die Arbeitssicherheit, die die Berufsgenossenschaft an den Betrieb von Zuckerzentrifugen stellt. Der Industrial Drive verfügt bereits standardmäßig über die Sicherheitsfunktion „Sicher abgeschaltetes Drehmoment“ (STO), die die Maschine sicher in einen drehmomentfreien Zustand überführt bzw. einen plötzlichen Anlauf verhindert. Bei Anwendungen wie großen Zuckerzentrifugen reicht dieser Schutz allerdings nicht aus. Wenn sich ein Bediener in der Mechanik verfängt, könnte, wenn es nur die STO-Funktion gibt, die Zentrifuge aufgrund ihres hohen Trägheitsmoments lange weiterdrehen.
Im Werk Uelzen erweitert das optionale Sicherheitsfunktionsmodul FSO-12 die Sicherheitsfunktionen der Frequenzumrichter. Die Steckbaugruppe wird in den Frequenzumrichter eingebaut und dort verdrahtet. In dem kompakten Modul sind typische Sicherheitsfunktionen wie „Sicherer Stopp 1“ (SS1), „Sichere Bremsenansteuerung“ (SBC) und „Sicher begrenzte Drehzahl“ (SLS) realisiert.
Die ACS880-17 konnten im harten Saisonbetrieb ihre Zuverlässigkeit bestätigen. Auch in einem weiteren Punkt wissen sie zu gefallen. Die ABB-Frequenzumrichter sind einfach zu bedienen. Im Menü des Bedienfelds wird alles im Klartext eindeutig dargestellt.