In hocheffizienten Elektromotoren für industrielle Anwendungen kommen häufig Permanentmagnete zum Einsatz, die Seltene Erden wie Neodym und Dysprosium enthalten. Diese Elemente sind je nach Verfügbarkeit starken Preisschwankungen unterworfen. Dank jüngster Entwicklungen auf dem Gebiet der drehzahlgeregelten Motortechnik stehen inzwischen leistungsstarke Alternativen zur Verfügung, die ohne Seltene Erden auskommen und damit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Eine davon ist der Synchronreluktanzmotor (SynRM), der sich durch einen sehr hohen Wirkungsgrad, eine hohe Zuverlässigkeit und besondere Wartungsfreundlichkeit auszeichnet. Ein weiteres Beispiel ist der mit Ferritmagneten ausgestattete SynRM², eine noch effizientere und leistungsstärkere Variante des SynRM.

Da Elektromotoren einen erheblichen Teil des Stromverbrauchs ausmachen – immerhin werden 28 bis 30 % der gesamten elektrischen Energie von Elektromotoren in mechanische Energie umgewandelt –, ist ihr Wirkungsgrad von besonderem Interesse. In allen industrialisierten Regionen der Welt gelten gewisse Mindestvorschriften für den Wirkungsgrad von Elektromotoren. Mit dem Ziel, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen der Industrie weiter zu reduzieren, sieht manche regionale Gesetzgebung noch höhere Mindeststandards vor. Eine wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Lösung könnten in Zukunft Motoren sein, die frei von Seltenen Erden (SE) sind. ABB hat zwei solcher Motoren im Programm, die einen sehr hohen Wirkungsgrad und eine hohe Leistungsdichte bieten und ohne die Komplikationen von SE-Werkstoffen auskommen. Dabei handelt es sich um den Synchronreluktanzmotor (SynRM) und den permanentmagnetgestützten Synchronreluktanzmotor SynRM² mit Ferritmagneten. Bei einem SynRM ist der Rotor so konzipiert, dass er in einer Richtung den kleinstmöglichen magnetischen Widerstand (Reluktanz) und im rechten Winkel dazu den größtmöglichen Widerstand aufweist. Dabei dreht sich der Rotor mit der gleichen Frequenz wie das Statorfeld (wie beim Permanentmagnet-Motor).

  • SynRM sind herkömmlichen Asynchronmotoren leistungsmäßig überlegen.
  • Sie können so ausgelegt werden, dass sie einen hohen Wirkungsgrad oder eine höhere Leistungsdichte bei geringerem Platzbedarf bieten als vergleichbare Asynchronmotoren.
  • Sie sind außerdem wartungsärmer, besitzen eine geringere Trägheit und sind sehr zuverlässig.
  • Da sie ohne Magnete und ohne Käfig auskommen, ist der Rotor zudem einfacher aufgebaut als bei Asynchron- und Permanentmagnet-Motoren.
  • Die niedrigere Betriebstemperatur des SynRM bietet weitere Vorteile wie eine längere Lebensdauer der Isolierung sowie längere Schmierintervalle bzw. eine längere Lebensdauer der Lager.

Die Hardware der SynRM ist identisch mit der entsprechender Asynchronmotoren von ABB, lediglich die Rotoren unterscheiden sich voneinander. Dies vereinfacht nicht nur die Ersatzteilvorhaltung und die Wartung, sondern bedeutet auch, dass ein vorhandener Asynchronmotor problemlos durch einen SynRM ersetzt werden kann. Zwei SynRM-Reihen stehen zur Verfügung: der IE4-SynRM mit 5,5 bis 315 kW und der kompakte HO-SynRM (High Output) mit 1,1 bis 350 kW. Diese sind zurzeit in verschiedenen Antriebspaketen (Motor und Frequenzumrichter) erhältlich:

  • IE4-SynRM und ACS880 für Industrie- und Endkunden
  • IE4/HO-SynRM und ACS850 für Maschinenbauer und Originalgerätehersteller (OEMs)
  • IE4-SynRM und ACQ810 für die Wasser- und Abwasserwirtschaft
  • IE4/HO-SynRM und ACH580 für Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanwendungen (HLK)

SynRM² mit Wirkungsgrad IE5

Vor ein paar Jahren erweiterte ABB die SynRM-Produktpalette mit dem SynRM2. Ein einzigartiges Merkmal dieses Motors ist der Einsatz von Magneten aus Ferrit (Eisenoxid, Fe2O3), die generell kostengünstiger und verfügbarer sind als Seltenerdmagnete. Das Ergebnis ist ein wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigeres Produkt. Zwar wurden Ferrite bereits früher in Niederspannungsanwendungen eingesetzt, doch in der Industrie konnten ferritbasierte Motoren allein nie mit Asynchronmotoren konkurrieren. Um die notwendige Stärke zu erreichen, muss ein Motor eine dominierende Reluktanz besitzen, was durch Ferritmagnete unterstützt wird. Dank der raschen Entwicklung und zunehmenden „Intelligenz“ von drehzahlgeregelten Antrieben ist eine umfassende Steuerung und Nutzung dieser Motoren mittlerweile möglich – wie im Fall der SynRM. Der IE5-SynRM² wurde für Kunden entwickelt, die auf der Suche nach einer noch höheren Effizienz und Leistungsdichte sind. Mit Leistungsfaktoren, die denen von Permanentmagnet-Motoren gleichen, und ausgezeichneten Feldschwächungseigenschaften ermöglicht der IE5-SynRM² neue, kompaktere Paketlösungen aus Motor und Umrichter.

Vergleichstests mit verschiedenen Motortypen

Die in der IEC 60034-30-1 definierten IE-Wirkungsgradklassen gelten für DOL-Motoren und beziehen sich auf den Nennarbeitspunkt. Natürlich reicht diese Klassifizierung nicht aus, um die relative Effizienz drehzahlgeregelter Motoren und Antriebe wiederzugeben, da sie weder das Teillastverhalten oder das Drehzahl-Arbeitspunkt-Verhältnis noch die durch den Umrichterbetrieb verursachten Oberschwingungsverluste in den Motoren oder die Verluste in den Frequenzumrichtern berücksichtigt. Deshalb werden die Systemwirkungsgrade für verschiedene Motortypen und Effizienzklassen in Tests ermittelt. Dazu werden zwei verschiedene, für die Industrie typische Lastprofile – konstantes und quadratisches Drehmoment – in Abhängigkeit von der Drehzahl gemäß der Definition einschließlich bestimmter Einschaltdauerprofile betrachtet. Die Energieeinsparungen werden im Vergleich zu einem IE2-System mit Asynchronmotor und Umrichter berechnet. Da die Stromkosten einen großen Teil der Lebenszykluskosten von Elektromotoren in der Industrie ausmachen, ist die Amortisationszeit eines umrichtergeregelten Systems mit höherem Wirkungsgrad außerordentlich kurz. So betragen die Amortisationszeiten für den IE3-Asynchronmotor, den IE4-SynRM und den IE5-SynRM² mit gleichen Umrichtern vom Typ ABB ACS880-032A im Vergleich zum Referenzsystem mit IE2-Asynchronmotor je nach Motortyp und Einschaltdauer weniger als 10 bis 15 Monate. Im Anschluss an diese relativ kurzen Amortisationszeiten tragen die Systeme mit höherem Wirkungsgrad für den Rest ihrer Lebensdauer zur Kosteneinsparung bei. Nach 10 Betriebsjahren entspricht der anfängliche Kaufpreis bei allen verglichenen drehzahlgeregelten Systemen nur etwa 2 bis 3 % der Stromkosten.

 

Große Energieeinsparung in Pumpstation für mehr Nachhaltigkeit

In Großbritannien gehört die Wasserwirtschaft zu den effizientesten Nutzern elektrischer Energie. Dies gilt auch für die Pumpstation des Wasserversorgers South Staffordshire Water in Somerford – trotzdem belaufen sich die jährlichen Stromkosten auf etwa 13 Millionen US-Dollar, von denen 90 % für das Pumpen von Wasser ausgegeben werden. In dem Bestreben, seine Energieeffizienz zu steigern, entschied sich das Unternehmen, einen 20 Jahre alten Asynchronmotor mit 115 kW, der von einem moderneren ABB-Frequenzumrichter vom Typ ACS800 gespeist wurde, durch ein neues Antriebspaket aus einem IE4-SynRM mit 110 kW und einem ACS850 zu ersetzen. Das System treibt eine Bohrlochpumpe mit einer Förderleistung von 2,5 Millionen Litern Wasser pro Tag an. Durch den Einsatz der neuesten Motorantriebstechnik erhoffte sich der Kunde eine Steigerung der Effizienz und eine Senkung der Wartungskosten. Am Ende wurden die Erwartungen sogar weit übertroffen: Energieeinsparungen von 6 %, eine Senkung der Gehäusetemperatur an den heißesten Stellen um 58 %, eine um 28 % niedrigere Temperatur des Antriebslagers und eine 75%ige Geräuschminderung gegenüber dem ursprünglichen Asynchronmotor.

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